Die Technische Universität München gewinnt Förderausschreibung der Dr. Hans Riegel-Stiftung zum Themenfeld „Klima und Wirtschaft in mittelständischen Familienunternehmen"
Die Dr. Hans Riegel-Stiftung hat 2021 eine dreijährige Forschungsförderung unter dem Titel „Wirtschaftliche Herausforderungen der Umstellung auf CO2-neutrale Energiewirtschaft und Kreislaufwirtschaft für mittelständische Familienunternehmen in Deutschland“ ausgeschrieben.
Die Ausschreibung fokussierte auf die wissenschaftliche Fragestellung, wie sich aktuelle Klima- und Umweltschutzdebatten sowie -maßnahmen auf die Wertschöpfung von Unternehmen – insbesondere mittelständische Familienunternehmen ab 500 Beschäftige – auswirken. Adressiert waren Forschungsinstitutionen aus Deutschland und Österreich. Eine siebenköpfige Expert*innen-Jury wählte die Bewerbung der TUM School of Management für den Erhalt der Förderung in Höhe von insgesamt 168.000,00 € aus. Die TUM School of Management wird das Forschungsprojekt mit 20% des Gesamtvolumens zusätzlich finanzieren.
Die globale Klimaerwärmung ist in vollem Gange. Diese ist nicht mehr nur ein abstraktes Problem, sondern wird durch Ereignisse wie die extremen Hochwasser im Westen Deutschlands im Sommer 2021 greifbar. Um eine nachhaltige Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen, müssen auch Unternehmen ihre Geschäftsmodelle transformieren und nachhaltige Unternehmensentscheidungen getroffen werden. Dafür ist zum einen eine genaue Messung von und Berichterstattung über Treibhausgasemissionen nötig. Zum anderen ist für Unternehmen ein Verständnis über die durch die Emissionsreduktion verursachten wirtschaftlichen Folgen von erhöhter Bedeutung.
Familienunternehmen sind ein wichtiges Rückgrat der Wirtschaft und verfügen über eine einzigartige Denkweise in Bezug auf Risiko und Innovation sowie einen langfristig orientierten Entscheidungsansatz, um das Unternehmen über Generationen hinweg aufrechtzuerhalten (Zahra & Sharma 2004; Chua et al. 1999). Diese Denkweise könnte ein Wegbereiter für den Erfolg des Klimaschutzes sein, da sie möglicherweise zu einem flexibleren und aufgeschlosseneren Ansatz für den Übergang zur Treibhausgasneutralität führt, was zu alternativen, mutigeren Maßnahmen führt (Matijas 2020).
Frühere Forschungen haben sich hauptsächlich auf die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen in großen, börsennotierten Unternehmen und/oder energieintensiven Industrien, wie Zement und Stahl, bezogen. Studien, die sich auf die besonderen Herausforderungen und den Kontext privater Familienunternehmen konzentrieren, sind rar.
Einer solchen Forschung widmet sich der Lehrstuhl für Controlling an der TUM School of Management unter der Leitung von Prof. Dr. Gunther Friedl und das Global Center for Family Enterprise der TUM School of Management unter der Leitung von Prof. Dr. Miriam Bird.
Neben aufschlussreichen Forschungsbeiträgen wird das Projekt klare Managementimplikationen für Entscheidungsträger und Eigentümer von Familienunternehmen liefern. Familienunternehmen, die über keine ausreichenden Prozesse für die Treibhausgasbilanzierung verfügen, werden von dieser Forschung profitieren, da sie die Möglichkeiten, die mit der Treibhausgasbilanzierung verbunden sind, besser verstehen. Außerdem werden Familienunternehmen verstehen, welche Auswirkungen die Messung hat und welche Optionen für die Umsetzung in Entscheidungsprozessen zur Verfügung stehen. In vier Aufsätzen diskutiert das Forschungskonsortium ganzheitlich den Weg der Dekarbonisierung von Familienunternehmen,
In der heutigen Welt sind wir ständig mit der globalen Erwärmung konfrontiert. Um dem entgegenzuwirken, haben wir mehrere Abkommen geschlossen, beispielsweise das Pariser Abkommen, in dem wir eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf möglichst 1,5° Celsius über dem vorindustriellen Temperaturniveau anstreben. Daher müssen wir unsere Treibhausgasemissionen so weit wie möglich reduzieren. Bevor wir jedoch die Emissionen reduzieren, brauchen wir zunächst eine solide Datenbasis, an der wir uns messen können. In Deutschland unterliegen derzeit nur große öffentliche Unternehmen der Regulierung, ihre Treibhausgasemissionen zu messen. Allerdings unterliegen Familienunternehmen, die mit mehr als 90 % der Unternehmen in Familienbesitz die vorherrschende Unternehmensform sind, diesbezüglich keinen Vorschriften. In einem multiplen Fallstudienansatz bei 13 deutschen Familienunternehmen untersuchen wir daher, warum Familienunternehmen dennoch ihre Treibhausgasemissionen messen, wie sie die Messung durchführen und welchen Herausforderungen sie dabei gegenüberstehen. Unsere Forschung zeigt, wie Generationendenken und der Wille, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, vor allem Familienunternehmen dazu motivieren, ihre Treibhausgasemissionen zu messen, und unterstreichen, dass das GHG Protocol den führenden Standard für die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen darstellt. Darüber hinaus zeigt sich, dass mangelndes Dringlichkeitsbewusstsein und ein Mangel an standardisierten Datenaustauschformaten die größten Herausforderungen sind, die die heutige Bilanzierung von Treibhausgasemissionen bei Familienunternehmen erschweren. Basierend auf diesen Ergebnissen gruppieren wir Familienunternehmen in vier verschiedene Archetypen und geben Handlungsempfehlungen, um die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen in Zukunft zu erleichtern.
Dieser Aufsatz untersucht, wie Familienunternehmen Spannungen zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Zielen ausgleichen, die im Zuge der Dekarbonisierung entstehen. Zielspannungen und deren Lösung sind in Familienunternehmen aufgrund der Überschneidung zwischen Familie und Unternehmen besonders relevant. Ausgehend von der aufmerksamkeitsbasierten Sichtweise führen wir eine Fallstudie mit elf deutschen Unternehmen durch und leiten ein Modell ab, das die Motivation und Einstellung eines Unternehmens zur Dekarbonisierung mit einer Strategie zum Ausgleich ökonomischer und ökologischer Ziele verbindet. Wir tragen durch konkrete, umsetzbare Strategien zum Multiple-Goal-Management bei. Wir zeigen außerdem, dass die Motivation für Umweltverhalten in Familienunternehmen nicht nur auf nichtwirtschaftlichen, intrinsischen Unternehmenszielen, sondern auch auf extrinsischen Zielen beruht. Darüber hinaus vertiefen wir die aufmerksamkeitsbasierte Sichtweise, indem wir veranschaulichen, wie die organisatorische Aufmerksamkeit von Unternehmen zu heterogenen Zielmanagementstrategien führt.
In diesem Artikel werden die Folgen der Corporate Social Responsibility Reporting Directive (CSRD) für Familienunternehmen untersucht. Die Europäische Kommission (EK) erweitert im Rahmen der CSRD die Zahl der berichtenden Unternehmen von ca. 12.000 auf 50.000, wobei der größte Anstieg in Deutschland zu verzeichnen ist. Für das Jahr 2025 müssen rund 13.000 deutsche private Familienunternehmen erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht offenlegen. Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts, der den Anforderungen des CSRD entspricht, hat eigene Konsequenzen. Basierend auf einer mehrfachen Fallstudie von zehn deutschen privaten Familienunternehmen entwickeln wir ein Rahmenwerk, das Umsetzungsherausforderungen veranschaulicht und Leitlinien zur Erschließung von Geschäftsmöglichkeiten bietet. Aufbauend auf der Forschung zu Familienunternehmen tragen wir zur Literatur bei, indem wir Familienunternehmen anhand ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und dem Reifegrad der Nachhaltigkeitsberichterstattung differenzieren. Dies ermöglicht es uns, drei Archetypen abzuleiten, die sich unterschiedlichen Implementierungsherausforderungen gegenübersehen. Die Analyse zeigt direkte und indirekte Chancen entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens auf. Nach der Einführung eines Berichtsprozesses können alle Archetypen von direkten Chancen profitieren, wohingegen eine proaktive Nachhaltigkeitsstrategie indirekte Chancen erschließen muss.
Dieser Aufsatz bewertet den Zusammenhang zwischen der Umweltleistung von Unternehmen (CEP) und der finanziellen Leistung von Unternehmen (CFP) in Familienunternehmen mithilfe ökonometrischer Techniken. Ich füge der Frage hinzu: „Wann lohnt es sich, grün zu sein?“ indem wir die Situation eines Familienunternehmens untersuchen. Es gibt nur wenige Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen CEP und CFP für Familienunternehmen, sie liefern keine schlüssigen Ergebnisse und es fehlen Studien, die CEP über die CO2-Leistung von Unternehmen ausdrücken. Basierend auf Firmenpaneldaten von 74 privaten deutschen Familienunternehmen zeige ich einen positiven Zusammenhang zwischen CEP, ausgedrückt als Kohlenstoffintensität, und CFP, ausgedrückt als Return on Assets (ROA) und Return on Equity (ROE). Darüber hinaus liefere ich Belege für einen moderierenden Effekt innerhalb des Familienunternehmensdatensatzes: die Offenlegung des CEP eines Unternehmens. Meine Ergebnisse informieren Praktiker und Regulierungsbehörden darüber, dass die Dekarbonisierung ohne Regulierung finanzielle Anreize bietet, während eine weit verbreitete Offenlegung der CO2-Fußabdrücke von Unternehmen zusätzliche finanzielle Vorteile mit sich bringt.
Dr. Hans Riegel-Stiftung
Programmleitung Dr. Leonie Grafweg
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